Danke für diesen wunderbaren Blog, der mich seit ca. 3 Wochen begleitet und in vielen Situationen zu einem Perspektivwandel gebracht hat. Mein Mann ist schon ganz irritiert, dass ich ständig und überall über Erziehungs-Themen lese (bin bisher ohne Erziehungs-Ratgeber ausgekommen) Ich habe einen 3jährigen Sohn und eine 5monate alte Tochter und vor 4 Wochen fing unser Sohn an, uns ständig zu hauen, zu treten, Kopfnüsse zu verteilen (?). Leider muss ich gestehen, dass ich ihn dann immer in sein Zimmer schickte (damals nach besten Gewissen, da ich mir dazu nicht wirklich viele Gedanken gemacht hatte - dachte nur, er muss sich erst mal abreagieren), aber diese Maßnahme verschlimmerte sein Verhalten nur. Also ging ich auf die Suche und ich wurde erst bei euch fündig Toll wie ihr durch praktische Beispiele und gut recherchierter Literatur solche Themen ansprecht. Macht unbedingt weiter so! javascript:emoticon('') Nun weiß ich endlich einen anderen Weg, wie ich mit der Wut meines Sohnes umgehen kann. Gemeinsam mit meinem Mann begleiten wir ihn nun bei seinen Wutanfällen. Zum anderen denke ich über seine Gründe nach, warum er sich weniger von uns wertgeschätzt fühlt. Erst dachte ich nicht, dass es an zu wenig Aufmerksamkeit +Eifersucht liegen könnte, da ich mit der Geburt meiner Tochter eher mehr Zeit mit ihm verbracht habe als vorher (Meine Tochter ist bisher sehr pflegeleicht) ? dann las ich den Text mit den versch. Aufmerksamkeitstypen und ordne ihn der Gruppe der ?ungeteilte Zuwendung braucht? zu ? dann fiel der Groschen, denn ich nahm mir zwar mehr Zeit, aber immer nur dann, wenn es mir passte. In seiner einwöchigen Krankheitsphase reichte ihm das nicht und er fing an zu hauen, treten,? Vielleicht ist ihm erst nach 4,5 Monaten bewusst geworden, dass er entthront worden ist?. Seit dem wir/ich versuchen seinen Aufmerksamkeitstank zu füllen, sind viel weniger Wutanfälle aufgetreten und das Hauen und Treten kommt nun viel seltener vor. Gestern war zwar wieder ein Tag (er ist schon gefühlt unausgeglichen aufgestanden und setzte sich bis in den Abend fort) und dass macht mich dann so wütend und ungeduldig, geduldig zu sein, nicht zu Strafen und zu Schimpfen. Aber ich halte durch ?
Nun meine Fragen. Jetzt fängt er seit 3 Tagen an, sich grob gegenüber seiner Schwester zu verhalten. Vorher hat er das nie gemacht. Ich sage dann: ?Nein, höre bitte damit auf, das tut deiner Schwester weh, aber er grinst weiter und lässt nicht von ihr ab?. Ich entferne mich dann mit ihr, um sie zu schützen. Dann sucht er sich natürlich ein anderes Objekt, wo er seine Wut auslassen kann: zum Beispiel schmeißt er sein Spielzeug durch die Gegend oder schmeißt das Essen vom Tisch bzw. im Raum herum ? wenn es beim Essen passiert) Was macht ihr dann genau in diesem Moment, Spielzeug und restliches Essen wegräumen oder sagt ihr euch innerlich, dass das ersetzbar ist. Ich stehe/sitze zwar neben ihm, aber in meinen Arm will er ?noch? nicht und Schieben und Fuß aufstampfen reicht ihm eben nicht immer, um seine Wut rauszulassen. Wie kann man sich hier verhalten?
Wenn die Situation ausgestanden ist, versuche ich mit meinem Sohn darüber zu sprechen. Aber wie spricht man/sprecht ihr solche Dinge mit einem Dreijährigen an. Hier steht so oft ?Lösungen gemeinsam zu finden?, aber ich denke, das überfordert meinen Sohn noch. Denn zu 90% lenkt er von diesem Thema ab, es scheint, er wolle oder besser er könne sich nicht darauf einlassen. Habt ihr einen Tipp, wie man wieder zum Konfliktthema kommt oder soll man es dann einfach lassen? Wenn er sich in 10% dann doch auf ein Gespräch einlässt, dann versuche ich ihm zu erklären, ?Du warst wütend/ärgerlich auf Mama? und habe ihm dann vorgeschlagen und gezeigt (Fuß aufstampfen), was er beim nächsten Mal tun kann, wenn er wütend ist. Das versucht er auch mit meiner Unterstützung zum Teil umzusetzen, ist natürlich noch ausbaufähig und klappt nicht immer (siehe oben) ? der Anfang ist gemacht und es ist wohl ein langer Prozess. Aber wie kann ich es anbahnen, dass er auch einen Vorschlag macht. Ich frage immer: Hast du eine Idee, was man statt dem Hauen tun kann? Aber da kommt bisher nichts.
Auch, wenn er heute wie beim Kinderturnen ?einfach? andere schubst und ich ihn später danach frage, warum er das tut, antwortet er fast immer ?Jasmin ist böse?. Wie soll man in dieser Situation reagieren? Auf die Frage, warum xy böse ist, gibt es meist keine weitere Antwort. ?Böse? ist seit Wochen bereits sein Lieblings-Wort ? Zuhause als auch bei beiden Omas und Opas, im Kiga und er verwendet es auch bei den anderen Kindern in seiner Gruppe. Ich weiß absolut nicht, wie ich es abgewöhnen kann. Ignorieren habe ich bereits ausprobiert, hat nicht wirklich etwas gebracht, da die anderen in seinem Umfeld immer darauf reagieren, was ihm Spaß macht. Manche Kinder brechen sogar in Tränen aus, wenn er sie wiederholt als böse bezeichnet und sie ihm antworten, sie wären nicht böse. Die anderen Kinder tun mir dann echt leid.
Insgesamt erzählt er wenig vom Kiga von sich aus und auch auf Nachfragen nicht, was ich Schade finde (ich weiß natürlich, dass viele Kinder wenig erzählen). Ich akzeptiere das dann natürlich. Habt ihr aber ein Ritual, wie man die Kinder animieren kann, von ihrem Tag zu erzählen bzw. eine ?Gesprächskultur? aufzubauen?
Ihr sehr Fragen über Fragen. Ich hoffe, ihr könnt mir vielleicht einen Ratschlag geben oder vielleicht ein bestimmtes Buch empfehlen. Die Zeit alle Bücher, die ihr in eurem Blog ansprecht zu lesen, fehlt mir, aber vielleicht gibt es eins, was mir momentan helfen könnte. Danke und sorry wegen der Überlänge, das Ganze beschäftigt mich mehr als ich dachte.
Ich geh mal nur auf 2 dinge ein: die gespräche:direkt nach einem wutanfall rede ich nichtmhr soo viel. Nur benennung und wie man mit der wut umgehen kann oder kommentieren, wenn es gut lief aber wir sprechen schon lange im bett über gute und nicht so gute dinge Und ich mache ihn auf andere aufmerksam, die viel gerad einen wutanfall haben und greife das auf. Weißt du noch, oder: schau mal der junge ist auch gerad wütend.. oder im spiel: der playmobil zwerg wird plötzlich sehr wütend und haut den drachen etc
Kita: ich frage jeden tag , ob er einen schönen tag hatte. Und entweder er erzählt oder nicht manchmal auch: was war heut das tollste in derwkita , was war das blödeste.
erst mal vielen Dank für Deine Worte zu unserem Blog . Es ist immer wieder toll zu lesen, dass es ganz gut funktioniert, was wir vorschlagen.
Ich habe auch einen Dreijährigen zu Hause - und da ist "böse" eines der harmloseren Dinge, die da aus dem Mund kommen . Es ist vollkommen normal, dass Kinder mit Schimpfwörtern spielen. Das ist eine Phase, die jeder durchläuft und ignorieren ist schon mal ganz sinnvoll. Kinder provozieren einfach auch untereinander, das ist kein besonders unnormales Verhalten. Mir sind Schimpfworte da lieber, als körperliche Attacken.
Es ist sehr stark kindabhängig, inwieweit man schon Konfliktlösungen finden kann. Mit meinem könnte man es (noch) nicht, ich kenne aber andere, wo das schon möglich ist.
Was wenig Sinn hat, ist direkt nach dem Wutanfall sprechen zu wollen - da sind die Emotionen noch total durcheinander. Es ist wirklich sinnvoll, bis zum Abend zu warten. Übrigens auch für die Kitaerlebnisse - ganz viele schalten nach der Kita erst mal komplett ab und haben absolut keine Lust zu reden. Das ist auch normal.
Wenn er seine Schwester haut, geh NICHT weg mit ihr! Das macht es nur noch schlimmer. Natürlich sollst du sie trösten, das ist klar, und ihm auch sagen, dass du es hasst, wenn er ihr weh tut und er damit aufhören soll. Aber gleichzeitig musst du es schaffen, ihn in der Situation nicht wegzuschieben. Nimm ihn in den Arm und sag: 'Oh Mann, dir geht es gerade so schlecht, dass du nicht weißt, wohin mit deiner Wut. Komm mal her, vielleicht hilft es, wenn ich deine Wut wegkuschle.' Sprich mit ihm in ruhigen Momenten über Eifersucht (das ist nämlich sein Hauptproblem), mache ihn aufmerksam, wenn du siehst, dass ein anderes Kind aus Eifersucht reagiert und kommentiere das für deinen Sohn: 'Schau mal, das Kind dort...' Wir haben zum Beispiel eine sehr garstige alte Nachbarin, die meinen Töchtern immer Angst einjagt. An ihrem Beispiel habe ich meinen Töchtern erklärt, dass die alte Frau so gemein reagiert, weil sie villeicht keine eigenen Kinder bekommen kann und nun eifersüchtig ist, dass wir so viele haben. Oder ein Mädchen in der Kita ist gerade sehr gemein - die ist auch gerade ältere Schwester geworden, wird nun immer als letzte aus dem Kiga abgeholt und auf Geburtstagen auch schonmal von den Eltern abzuholen vergessen. Das habe ich alles besprochen. Und immer, wenn sie etwas gemacht haben, von dem ich annahm, es geschah aus Eifersucht, habe ich das laut ausgesprochen: 'Ich glaube, du haust mich gerade, weil du mir nicht anders zeigen kannst, wie schlecht es dir geht. Du hast das Gefühl, ich habe keine Zeit für dich. Eifersucht ist wirklich ein scheussliches Gefühl im Bauch - du willst dieses Gefühl unbedingt loswerden! ...'
Nach den Situationen: Nicht mehr reden. Nicht klären. Dein Sohn weiß ganz genau, dass es falsch ist, was er macht. Du brauchst das nicht nochmal ansprechen. Er macht das ja nur, weil er sich gerade nicht anders zu helfen weiß, um auf seine Herzensnöte aufmerksam zu machen. Die Regeln kennt er durchaus. Du kannst, wie Maral, Bettgeflüster machen, aber im Moment würde ich dabei nur die positiven Punkte ansprechen.
Beim Sport: Nicht fragen, warum er das tut. Warum-Fragen sind absolut nutzlos, weil unsere Kinder ihr eigenen Verhalten nicht reflektieren. Sie handeln aus dem Bauch heraus. Die Antwort auf die Frage, warum hast du das Kind geschubst wäre: 'Weil ich unter einem verzögerten Entthronungstrauma leide und das Gefühl habe, alle außer mir freuen sich über das Baby. Was ist falsch mit mir, dass ich mich nicht darüber freuen kann? Ich fühle mich so einsam mit meinen bösen Gefühlen. Ich schubse, um zu fragen: 'Gibt es hier jemanden, der mir zuhören will? Jemanden, der hinter mein Verhalten schaut?' Entweder du ignorierst das Schubsen beim Sport oder du sagst hinterher nur: 'Ich finde es blöd, wenn du andere Kinder schubst. Das ist mir peinlich, weil ich das Gefühl habe, dass die anderen denken, du bist ein Rabauke. Aber das bist du ja gar nicht. Dir geht es nur im Moment nicht so gut. Ich wünschte, wir könnten einen anderen Weg finden, wie du deine Wut los wirst. Was glaubst du, würde dir helfen?'
Zum Thema 'Böse Xy': Ist natürlich toll, wenn so ein Wort so eine gewaltige Welle auslöst. Am besten, du übersetzt sein 'böse' in das, was er wirklich meint: 'Du bist wütend mit XY, weil...' 'Du findest, Xy ist zu laut, weil...' 'Du meinst, Xy soll nicht vordrängeln, denn...' 'Du ärgerst dich, weil Xy schneller war als du...' etc. So hilfst du ihm, seine Gedanken zu ordnen, seinen Wortschatz zu erweitern und du nimmst ganz unaufgeregt den Reiz aus dem Wort 'böse'.
Danke Maral, Danielle und Snowqueen für eure Tipps und Ausführungen.
Die Idee mit meinem Sohn über "Rollenspiele", Bücher oder anderen Gelegenheiten im Umfeld über Gefühle zu sprechen, halte ich momentan für eine gute Strategie (DANKE für die Ideen) und hatte bereits mit den Büchern begonnen. Dies funktioniert ganz gut und er lenkt wenig ab. Zudem bin ich wirklich erstaunt, wie wenig seine Empathiefähigkeit ausgeprägt ist. Als ich vorgestern wütend wurde und dies verbalisiert habe, da er wieder einmal keine Zähneputzen wollte und er zu Papa abgedampft ist, fragte er ihn doch nochmal "Warum ist Mama ärgerlich?" Nicht zu fassen, aber es öffnet mir die Augen.
Auch mit meinem Sohn ist es zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich, gemeinsam Lösungen zu finden. Direkt nach einem Wutausbruch spreche ich auch nicht mit ihm ? meist auch abends vorm Schlafengehen oder morgens, wenn wir noch im Bett liegen, aber wie gesagt, er lenkt meist ab, wenn ich unangenehme Themen anspreche.
Danke Danielle für die zwei Buchempfehlungen, habe sie mir bestellt und heute bereits in ein Kapitel ?Inakzeptables Verhaltensweisen, die sie sofort stoppen müssen? des Buches ?"Das glücklichste Kleinkind der Welt" reingelesen. Karp schlägt bei inakzeptablen Verhalten eine ?Auszeit? vor und bestärkt die Eltern dies zu tun, solange sie sich wertschätzend verhalten. Wenn Kinder das Zimmer verlassen können und es tun, rät er sogar zum Abschließen der Tür. Die Auszeit soll dem Kind deutlich machen, dass das Elternteil die Kontrolle innehat (S. 246ff.)-. Er schreibt: ?Ihr Kind zwei Minuten in seinem Zimmer zu isolieren ist weder grausam noch unfair. All die Liebe, die sie ihm während der restlichen 23 Stunden und 58 Minuten des Tages schenken, ist mehr als ein Ausgleich für diese kurze Strafe? (S. 261).
Soll hier das Fazit sein: Obwohl Karp gute Strategien im Wutanfall vorstellt, ist sein Modell der Auszeit überholt?
Was nicht so gut funktioniert ist, wenn er seine Schwester haut und ich zwar deutlich sage, dass ich mich ärgere, wenn er seine Schwester haut, dass ich ihn anschließend in den Arm nehmen kann. Er mag das in diesem Moment oft nicht. Insgesamt ist er kein Kuschelkind. Nur nach längerem Geschrei sucht er nach Zuneigung in meinen Armen. Er macht dann eher weiter, Spielzeug zu werfen oder Essen runter zu werfen. Dabei schaut er mich grinsend an, wie ich reagiere. Wie kann ich ihn davon abhalten, wenn er sich eben nicht in den Arm nehmen lässt. Er ist momentan extrem empfindlich, heute sollte er, nachdem er bei Freunden im ?Stall? war und extrem stank, Zuhause duschen. Das war ein riesen Theater, weil er es nicht wollte. Irgendwie ist er so zweigespalten, zum Teil fordert er, dass er gemeinsam mit seiner Schwester auf dem Wickeltisch gewickelt werden möchte und ?plötzlich? haut er sie dann. Dabei versuche ich meinem Sohn 90% der Aufmerksamkeit auf dem Wickeltisch zu geben. Und es gibt so viele Situationen, in denen er liebevoll zu ihr ist und nach ihr fragt.
Zudem fehlt ihm wahrscheinlich auch die alte Gruppe im Kindergarten. Er ist nun seit 3 Wochen bei den ?Großen? und da ist die Betreuung nicht ganz so intensiv. Vielleicht frustet ihn das auch bzw. macht ihn traurig. In der neuen Gruppe gibt es nur noch eine Dreijährige, ganz wenig Vierjährige und viele Vorschulkinder. Die Erzieher haben den Eindruck, dass er gut zurechtkommt. Zeit verbringt er zumeist mit der anderen Dreijährigen, die er aus der U3 Gruppe kennt und mit ihm gewechselt ist.
Danke Snowqueen für den Denkanstoß mit den ?Warum?-Fragen und die Anregung ?anders? mit dem Wort ?böse? umzugehen. Ich werde es mal versuchen.
Oh ja, man kann nicht alles von Karp übernehmen. Bitte, bitte, keine Auszeiten. Das ist absolut schrecklich und Liebesentzug in höchster Weise.
Dann ist es noch besser, wen du dich gar nicht vor ihm schützen kannst, wenn du kurz das Zimmer verlässt, aber so, dass er hinterher kommen kann.
Dass er mit 3 noch nicht über soviel Empathie verfügt ist total normal. Das ist ein langer Prozess und er braucht letztlich dafür auch den Perspektivwechsel, der kommt so meist mit 3,5-4
Vielen Dank Maral für deine schnelle Antwort. Dass mit der Auszeit ist ?durch?, das hatte ja nicht funktioniert und daher bin ich ja erst zu diesem wunderbaren Blog gelangt ? Aber seltsam ist es schon, dass er, obwohl er viel von Respekt und Wertschätzung spricht, die Auszeit für sinnvoll erachtet, da in seinen Augen dies kein Liebesentzug ist.
Beim Lesen der ganzen Blogartikel ist bei mir eine weitere Frage durch den Kopf gegangen:
Wie geht ihr/man damit um, wenn die Kinder Grenzen bzw. Regeln überschreiten?
Habe ich das richtig verstanden, dass man nach dem bedürfnisorientierten Ansatz erstens versucht, wenig Regeln und Grenzen zu geben (wirklich nur das wichtigste) und zweitens, dass man die Kinder bittet (wenn sie Regeln verletzen) es zu unterlassen und es zu 90 % auch funktioniert und das Kind der Bitte nachkommt. Wie sollte man aber in den anderen 10% bei Grenzüberschreitung bzw. Regelbruch damit umgehen? Natürlich sollte man sich fragen, warum das Kind die Regeln verletzt und dass es wahrscheinlich ein Mangel an Aufmerksamkeit ist. Aber trotzdem gibt mir das keine Hilfe für die aktuelle ?Situation?. Sorry, dass ich an dieser Stelle nochmal nachfragen muss.
Da müsstest du jetzt mal ein paar Beispiele nennen.
Es gibt da verschiedene Stufen würd ich sagen:
zunächst einmal: Ja, ich denke ein Großteil der Kinder kann lernen, Grenzen und Regeln aufgrund von Bitten, Begründen etc einzuhalten, vor allem, wenn sie es so von Anfang an kennenlernen. Gut geeignet hierfür ist die gewaltfreie Kommunikation und das aktive Zuhören, finde ich.
Ansonsten hast du Recht: Du vermeidest schon gaaanz viele Baustellen, indem du dir wirklich überlegst, welche Regeln, Grenzen sein müssen und wen du diese Regeln, Grenzen nach Möglichkeit unter Einbeziehung des Kindes aufstellst. Also im Grunde eher Vereinbarungen triffst, statt Regeln aufzustellen.
Tja, und dann hängt es davon ab: Bevor ich tatsächlich mal aktive Konsequenzen anwende, haben natürliche Konsequenzen, schlichtes Durchsetzen der Regel, reden, erklären, Grund aus der Welt schaffen ( für den Regelverstoß gibt es ja oft einen Grund) Vorrang.
Auch die Einhaltung von Vereinbarungen wird im Zweifel dann durchgeführt.
Bsp: Halbe Std Fernsehen vereinbart, er hält sich nicht dran, dann schalte ich aus. ( Es erfolgt aber kein Fernsehverbot für den nächsten Tag oder so)
Bsp: er hat den Helm nicht aufgesetzt, dann muss er stehen bleiben und darf erst mit Helm weiterfahren (Er bekommt aber nicht ein 2 tägiges Laufradverbot oder so)
Wenn in 10 % der Fälle dochmal Konsequenzen erforderlich sind, achte ich auf die Formulierung und sie fallen so milde aus wie möglich:
Fast immer kommt es gar nicht dazu, weil er meißt schon verstanden hat, dass es mir jetzt super ernst ist.
Ein Klassiker: wenn er mit dem Laufrad nicht auf Stopp hört ( was aber nur am Anfang mal selten vorkam), sehe ich immer wieder, dass die Kids absteigen und schieben müssen, oder teilweise bis zu einer Woche Laufradverbot bekamen. Auch als Strafe formuliert. So, weil du nicht angehalten hast, darfst du jetzt....
Ich sage nach 2-3 mal, Mäuschen, dass muss einfach klappen, dass ist mir superwichtig. Ich habe echt Angst, dass dir was passiert. Ich kann im Zweifel ja nicht so schnell reagieren. Wenn das nicht klappt, dann mag ich das Laufrad nicht mehr mitnehmen, weil mir das echt zu gefährlich ist.
Im Park kannst du vorfahren, aber bei der Straße versteh ich kein Spaß. Das ist mir dann zu aufregend.
Dan hats schon meißt wieder geklappt.
Wenn es nicht geklappt hat, hab ich das nächste mal gedehnt gesagt: " Ach, ich weiß nicht, das letzte mal war es so anstrengend für mich, weil du nicht auf Stopp gehört hast. Ich glaube, wir lassen das Laufrad besser zu Hause.
Dan hat er mir versichert, dass es klappt und das hat es dann auch.
Wen ich tatsächlich mal eingreifen muss, hab ich das auch so gesagt: Ich hab dich jetzt dreimal nett gebeten, und es dir erklärt, und du wirfst trotzdem noch Autos gegen den Spiegel. Ich will nicht dass der Spiegel kaputtgeht. Dan müssen wir die Autos jetzt weglegen. Ich weiß nicht, was ich noch anderes machen soll. Wir haben jetzt also 2 Möglichkeiten: Wir können etwas anderes mit den Autos spielen, oder wir legen sie weg. Auf jeden Fall muss ich darauf bestehen, dass du aufhörst, sie gegen den Spiegel zu werfen.
Tatsache ist, wenn es um die Gesundheit und den Schutz seiner oder anderer Personen geht, dann wäre ich auch bereit, Konsequenzen im gering möglichsten Maße anzuwenden.
Vielen lieben Dank Maral für deine brauchbaren Beispiele in deinem letzten Beitrag und auch hier im Forum (besonders in den letzten Einträgen). Dadurch erhält man eine Idee, wie man in schwierigen Situationen reagieren kann. Gerade das Thema ?wie setze ich Grenzen? und bleibe dabei oder auch ?was kann man tun, wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden?, zeigen mir auf, dass es auch ohne Drohung oder Schimpfen gehen kann!
Ich habe in der letzten Woche viel reflektiert, was mich oder welche Situationen manchmal so schwierig/belastend sind. Daher hat meine Antwort so lange gedauert. Beruhigend ist es tatsächlich, dass man mit diesen Problemen nicht alleine ist.
Oftmals sind es Situationen, wie morgens, dass er sich nicht (1) anziehen lassen möchte (dauernd wegrennt, sich verstecken will) und wir morgens gefühlt eine halbe Ewigkeit brauchen, bis wir in dem KiGa sind. Auch beim Abholen vom KiGa dauert es ewig bis wir raus kommen, obwohl ich ihn ja anziehen will (Selbst anziehen bzw. ausziehen mag er auch nicht. Dann sagt er, Mama helf mir und dann rennt er auch wieder davon!) Meine Bitten werden ignoriert. Meine Ich-Botschaften, dass ich ungeduldig werde auch. Auch nach einer eingeräumten gemeinsamen ?Spielzeit?, will er sich meist nicht anziehen lassen. Es funktioniert morgens nur reibungslos, indem ich ihn dabei eine ?Kinderserie? auf dem I-Pad schauen lasse. Das wiederum nervt mich, da sich das nicht richtig anfühlt. So kommen wir am Tag insgesamt zwar auch ?nur? auf ca. 20-30 min ?Fernsehzeit?, (sonst wird bei uns kein Fernsehen geschaut ? höchstens noch beim Inhalieren, wenn er erkältet ist), aber es muss ja noch einen anderen Weg geben???
(2) Ganz ätzend ist es für mich, dass er sich nicht gerne wickeln lässt. Ich habe versucht Druck rauszunehmen und habe gesagt, dass er selbst Bescheid geben soll, wenn es ihn stört. Aber eigentlich stört es ihn fast nie. Das Problem ihn hier selbst bestimmen zu lassen, führt leider zu einem wunden Po (blutig und sehr schmerzhaft). Trotz dieser Negativerfahrung will er das nächste Mal seinen ?Stinker? wieder nicht raus machen lassen. (Das Rausmachen tut ja auch höllisch weh). Habt ihr da einen Tipp für mich?
ich habe mich sehr über Deine Postings gefreut - das bestärkt und immer, dass es Sinn hat, diesen Blog zu schreiben.
Danke an Maral, dass sie immer so schnell weiter hilft - leider fehlt mir im Moment oft die Zeit, mich hier ausführlich zu beteiligen.
Ich wollte noch kurz auf Deine Frage eingehen - was ist, wenn Grenzen überschritten werden. Zunächst ist wichtig, dass Grenzen ganz klar als solche formuliert werden. Wir haben ja nur wenige, aber die, die es gibt, da BITTE ich dann nicht, da fordere ich auf. Eine Bitte ermöglicht immer das Ablehnen - eine Aufforderung lässt keine Alternative zu. Und dann setze ich auch meine körperliche Überlegenheit ein. Wenn ich keine Zeit habe, dann kann ich nicht ewig diskutieren (auch wenn ich es zunächst versuche und es oft klappt, argumentativ zu überzeugen) und beim Wickeln und Zähne putzen gibt es feste Grenzen. Die ich auch rigoros durchsetze, was die Kinder auch wissen und daher da dann auch wirklich nicht mehr diskutieren. Das dauert eine Weile, aber es funktioniert.
Hallo Danielle, danke, dass du ein kleines Zeitfenster gefunden hast.
Dass mit den Grenzen durchsetzen ist gar nicht so leicht! Das bedeutet bei uns konkret, dass wenn er sich nicht wickeln oder anziehen lassen will, ich ihn mir zwar schnappe und ihn auf den Wickeltisch hebe, dass er sich dann aber mit Treten, Strampeln etc. wehrt, dass es nur mit 2 Personen funktioniert. Einer muss ihn festhalten und der andere wickelt/zieht ihn an. Zusätzlich gibt es ein mega Schreikonzert . Mmmph
Also beim Anziehen ist es so, dass er zunächst entscheiden durfte, wer sich zuerst anzieht. Wenn es bei ihm dann soweit ist, warne ich ihn vor. Also "Mäuschen, du denkst dran, wir müssen dich auch noch anziehen", Wann willst du das machen? Vorm Frühstück, oder danach?
Quatsch machen, weglaufen, darauf gehe ich nicht ein. Dann sag ich "Ok, dann geh ich erstmal in die Küche und mach die Dose fertig. Du kannst dann ja kommen, wen du soweit bist. Das findet / fand er total doof, weil das ja nicht das Ergebnis war, was er wollte und kam eigentlich sofort. Dan gehe ich freundlich darauf ein, grinse ihn an, und sag ( wenn noch Zeit ist) super, dann sind wir ja schnell fertig, und dann kannst du dich ja gleich nochmal verstecken, wenn du magst.
Im Moment läuft es so, dass wir einfach oft über den Morgen verteilt, ein Kleidungsstück überwerfen, wenns passt. ( Bsp: Er sitzt am Tisch: " Oh das passt ja, dann schmeißen wir dich schonmal in Hemd und Pulli).
Irgendwie klappts immer: Er weiß, wir müssen los, und er kann ja nicht im Schlafi gehen ( wobei er das dürfte, wenn er wollte), also muss sich in der Zeitspanne irgendwie und irgendwo angezogen werden.
Festhalten würde ich persönlich jetzt nicht ( muss allerdings dazu auch sagen, dass das etwas ist, wo Krümel völlig ausflippt, dass kann er gar nicht ab), aber ich blockiere auch bei Quatsch. Dann ziehe ich mich halt raus , wie oben beschrieben, oder sage auch schonmal, dass ich dazu morgens jetzt überhaupt keinen Nerv hat, dann kann er es ja alleine machen. Wenns ganz arg wurde.
Oft haben wir aber auch hier Motivationen: Mäuschen, wir wollten doch das Lego in der Kita noch abgeben, da müssen wir pünktlich los, heute haben wir einen Umweg, weil Markt ist, in der Kita feiert ihr doch heute Geburtstag, du wolltest X doch deinen ... zeigen, komm, dann kannst du draußen noch einen Stock suchen, dass wolltest du doch schon gestern etc, etc.
Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass er ein Strukturmensch ist. Dan ist diese Geschichte mit dem Ablaufplan, den er abhaken kann, ganz gut, denke ich.
Das gleiche gilt fürs Wickeln. Fast immer ging es, wenn ich zwar gesagt habe, es muss, da gibt's keine Diskussion, er aber im Rahmen bestimmen durfte wann. Als er jünger war, mit Auswahlmöglichkeiten, älter mit einer offenen Verhandlung.
Hat er sich an die Vereinbarung nicht gehalten, was selten vorkam, dan habe ich ihm ´gesagt, das ich das ziemlich doof finde, und unfair, dass ich jetz noch weiter den Gestank ertragen soll. Dan habe ich auch etwas Druck ausgeübt, in der Form, dass ich halt gesagt habe, dass mir die Lust zum weiterspielen bei dem Gestank echt vergeht und wir jetzt eine Lösung finden müssen. Lange spiele ich so nicht weiter. ( Weil ich das auch echt schlimm fand) Um das Gesicht zu waren, vergingen dann vielleicht noch ein paar Minuten, oder ein Spiel, aber spätestens dann hat er eingewilligt.
Bei ihm wirkt auch Motivation ganz gut a la, "komm, wir machen das eben gaaaaanz schnell, und dann können wir uns ganz gemütlich hinsetzen und weiterspielen ohne, dass es riecht...
Wichtig finde ich auch, dass man sich wirklich spürbar freut ( also nicht loben, aber sich eben freut), sich bedankt für Kooperationen, es zu schätzen weiß, dass er sich an die Vereinbarung gehalten hat, sich mal bedankt, dass es alles so Problemlos abläuft und man deswegen sich keine Sorgen machen muss, dass man zu spät kommt, wen er selber Lösungsvorschläge macht oder Vereinbarungen anregt, ihm zu verstehen geben, dass er das gut gelöst hat, oder das wirklich eine gute Idee war etc.
Kinder müssen das ja auch erst "lernen" und ich weiß ja nicht, wie das bisher lief, aber ich glaube, gerade Kinder, wo es vielleicht, bis man in sich ging, noch anders lief, neigen am Anfang noch dazu, die "neu gewonnene Freiheit und das Mitbestimmungsrecht" eher auszunutzen, weil sie es nicht gewohnt sind.